KULT
Cornelia Ganitta

Multitalent und Harlekin.
Mit der Seele eines Clowns

aug/sept 2010

Eine Ausstellung im PAN kunstforum in Emmerich gibt einen Überblick über das langjährige Schaffen desAllround-Künstlers. Der rote Punkt steht im Zentrum von Herman van Veens Werk: Ob als Mond auf der Bühne, als Blickpunkt in einem Gemälde oder auf der Nase, wie auf der Bronzebüste, die den Eingang zu seiner ersten Ausstellung in Deutschland ziert. „Eigentlich gab es da gar keinen roten Punkt", erklärt ihr Erschaffer, der niederländische Künstler Jelle Geertsma: „Aber Herman fragte, ob er die Büste damit bereichern könnte. Und so hat er auch hier seine HarlekinMarke hinterlassen." Eine rote Nase aufzusetzen, verändert den Blick auf die Welt, den eigenen und den der anderen. Sie ist das Wesen eines Clowns, der für Überraschungen gut ist und spielerische Experimente liebt - genau wie Herman van Veen.

Nach einem Gesangs- und Geigenstudium am Konservatorium seiner Heimatstadt gab der gebürtige Utrechter 1965 sein Theaterdebüt mit dem musikalisch-clownesken Soloprogramm „Harlekijn". Seitdem ist der vielfache Preisträger auf den Bühnen der Welt unterwegs, ob als Liedermacher, Pantomime, Schriftsteller, Musicalschreiber oder als geistiger Vater des Erpels Alfred Jodocus Kwak. Und nun eben auch als Maler abstrakter, farbintensiver Werke auf Leinwand in Öl oder Acryl. „Malen bedeutet eigentlich Licht fangen. Was das betrifft, bin ich ein echter holländischer Maler", sinniert Van Veen auf einem Rundgang durch die Schau im PAN kunstforum. Bis zum 15. Oktober sind dort anlässlich seines diesjährigen 65. Geburtstages Gemälde, Zeichnungen, Fotografien, Kostüme, Texte, Comics und Videofilme zu sehen. Werke von ihm und über ihn. Ein Überblick seines bisherigen künstlerischen Schaffens, der auch Einblick in das Familienalbum von Herman van Veen gewährt. So wird der Besucher gleich zu Beginn mit einer Serie privater Aufnahmen begrüßt. Der kleine Herman, den der Vater beim Spaziergang an der Leine führt, wie, um ihn davor zu bewahren, aus der Reihe zu tanzen. Eine Strategie, die sich langfristig offensichtlich nicht bewährt hat. Ein Stück weiter dann der große Herman, gemeinsam mit Nelson Mandela, Unicef-Botschafter-Kollege Danny Kaye, der niederländischen Schauspielerin Monique van de Ven und anderen Berühmtheiten. Auf einem Schwarzweißfoto, das paradoxerweise mit „Das Debüt mit roter Krawatte" betitelt ist, gleicht er seinem belgischen Kollegen Jacques Brel.
Ich habe einmal in meinem Leben vorgesungen und das' war für Jacques Brels Musical 'Reise zum Mond'. Ich bin damals nicht genommen geworden, habe aber später mal zu einem Text von Brel die Musik geschrieben", kommentiert Van Veen diesen Eindruck.
Dem Debüt folgten bis heute rund 150 CDs, mehr als 60 Bücher, Drehbücher und Musicals. Seine Autobiografie'Bevor ich es vergesse'wurde von ihm zwei Tage nach seinem 65. Geburtstag (14. März) auf der Lit.Cologne vorgestellt. Kaum zu glauben, dass dieser umtriebige Mann von einem eher ruhigen Gemüt geprägt ist.
Alles was Herman van Veen tut, tut er mit einer stoischen Ruhe, die selbst seine langjähriSge Gitarristin und Weggefährtin Edith Leerkes noch heute ins Staunen versetzt. „Er ist immer ganz konzentriert, hat es nie eilig. Neue Dinge gewinnen bei ihm Fahrt wie ein Diesel-Motor: langsam, aber beständig." So auch das geplante Alfred J. Kwak-Haus, ein Erholungsparadies für Kinder in Goch, das langsam, aber beständig wächst und für das Herman van Veen unermüdlich Gelder eintreibt. Dessen Entwicklung ist in einer Videoanimation im Keller des PAN zu sehen. Außerdem gibt es Informationen rund um sein neuestes Musical („Juliette"), das noch in diesem Jahr im Brüsseler Palais des Beaux Arts uraufgeführt werden soll. In großformatigen Fotografien des Hamburger Theaterfotografen Peter Thomsen ist das bewegte Künstler-Leben über mehrere Bühnen-Jahrzehnte eindrucksvoll im Bild festgehalten.

Eine der auf der Schau ebenfalls präsentierten Requisiten ist ein Hut, dem man bei näherer Betrachtung ein langes Vorleben attestieren kann. „Mit diesem Hut bin ich seit über 40 Jahren auf der Bühne", erklärt das Multitalent. 40 Jahre? Und nie der Gedanke ans Aufhören? „Natürlich denke ich hin und wieder vor einer Vorstellung 'Könnte das nicht jemand anders für mich machen?' Das hat aber meistens mit den Umständen des Arbeitens zu tun; Dreckige Garderoben, gleichgültiges Theaterpersonal, stinkende Toiletten, Müdigkeit. Aber wenn ich dann in das gleißende Licht der Bühne trete und all die neugierigen Menschen sehe, dann ist es Abenteuer pur. Etwas, das ich um keinen Preis missen möchte. Singen, das ist das Schönste, das ist absolute Ruhe, das ist meine Gesundheit, das ist mein Glück."



CORNELIA GANITTA



„Herman van Veen - 65 Jahre in Wort und Bild", PAN kunstforum niederrhein, bis 15. Oktober, Eintritt: 5 Euro, Kinder und Schulklassen gratis.